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In, dus, trais...
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«C’è un sentimento millimetrico, arruffato, il libro delle migliaia di libri non scritti»
Le stanze dei morti ist die dritte poetische Kostprobe des Tessiner Schriftstellers kroatischer Herkunft Dubravko Pušek. Die Sammlung aus sechzehn kurzen Gedichten eröffnet mit dem Bild von Leichen, «starre und unbiegsame Körper», denen die Möglichkeit zu handeln genommen ist, zu kommunizieren, sich loszukaufen vom gewöhnlichen Los «meines und deines Nichts». Für Pušek sind die Kammern der Toten* der Ort der Negation, der Abwesenheit: jeder Referenzpunkt ist preisgegeben, das Du, mit dem der Dichter einen Dialog aufnimmt, «weiss sich nicht herauszuwinden / in jenen Schatten», verliert sich in einer unendlichen Sequenz von «nein» und «nicht einmal». Persönlich bis in die eigene Körperlichkeit erscheint es in die kleinsten anatomischen Bestandteile zerstückelt: «Lippe», «Hand», «Knochen». Die Gedichte sind zugleich nur Fragmente einer umfangreicheren und verlorenen Rede: Abgeschnitten durch die drei Auslassungspunkte, bleiben sie unvollendet auf der Schwelle zu einer Wahrheit, die einfach nicht auftauchen will.
Es wäre einfach, diesen Sinn für Verlorenheit der Erfahrung des Autors zuzuschreiben, der aus Zagreb in die Schweiz emigriert und mit einer Sprache (dem Italienischen) konfrontiert ist, die nicht seine Muttersprache ist. Aber die Gedichte von Dubravko Pušek überschreiten die Biographie und beschreiben eine conditio humana, mit beunruhigender Klarsicht. In kurzen Versen, gebrochen durch deutliche Zäsuren, zielt Pušek auf die Isolierung der Wörter, um damit ihr Wesen freizulegen; wie ein geschärftes Skalpell dringt er «hinein, ins Innere / bis auf den Grund», bis der «Knochen […] der Seele» erreicht ist.
Gionas Calderari, übers. von Christoph Roeber)
* Das italienische stanze meint im Deutschen doppeldeutig «Stanze» und «Zimmer».
Translaziun dal titel: Die Stanzen der Toten
Casagrande, Bellinzona 1986
ISBN: 978-88-7713-174-4